Some amazing photos by Edi Dimitriu & edited by me.
An einem Festival nimmt man immer wieder voller Erwartungen und Hoffnungen teil. Man will einige Künstler sehen, ihre Musik hören und sich einfach dem freuen, was man dort erlebt.
31 Editionen. Mit Schwierigkeiten, doch, was wirklich zählt, mit Leidenschaft für den „neuen” und „freien” Ton. Dank der Sturheit des Veranstalters, der aller Annerkennung würdig ist und dem Engagement einer ruralen Gemeinschaft an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich haben wir den Nonkonformismus im Ton feiern können. So, nun aber Schluss mit dem Lob, denn Hans wird uns bei der folgenden Edition keinen Eintritt gewähren!
4 Tage lang mit etwa 20 Vorstellungen, Konzerten, Projekten, Multimedia, Videoprojektionen, Toninstallationen hat das Festival unsere Ansprüche gesättigt und uns solche Erlebnisse geboten, die wir daheim – vielleicht außer dem Hermannstädter „Jazz and More“ – kaum genießen können.
Abfahrt am Donnerstag früh aus Oradea, Ankunft zur Pension Theresia, von einem Unwetter begleitet, konnte ich mich der Autobahn Budapest-Wien nicht so richtig freuen. Noch schnell ein Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat verdrückt, dann los ging es zum Hof des Falb-Restaurants. Keine Zeit für Nostalgie. Bei Konfrontationen war es immer die Rede über „Future Music”.
Drei Vorstellungen am ersten Abend
Zerang/Marraffa/Braida
Mediterraner Provokateur, ein orientalischer Rhythmus von Michael Zerang, eine leicht klassische Klavierbehandlung von Braida, mit Free-Jazz-Tönen des Tenors Edoardo Marraffa belebten einen schönen Dialog zwischen Klavier und Saxophon. Das Perkussionsspiel ließ den Eindruck entstehen als ob dies von einem Urenkel der Assyrer aufgeführt worden wäre. Die Sopranino-Teile von Marraffa, die so schwebten wie der Nebel eines imaginären, mystischen mediterranen Sonnenuntergangs, haben mir gut gefallen. Oriental free, wenn ihr wollt. Hinzu kam noch ein Klavier, das mich an manchen Stellen an Cecil Taylor erinnerte.
FRANZ HAUTZINGER’s POET CONGRESS
Ehhh, Franz, Franz, was hast du uns mit diesem Projet angetan? Mit einem Steve Gander, dessen Bühnenpräsenz zu der von Tom Waits gleicht, mit der Zärtlichkeit und der Mimik von Christian Reiner, mit der „hysterischen” Isabelle Duthoit, deren vokale Verlängerung die Klarinette bat, mit einem Burkhard Stangl, der seine Gitarre bis zur totalen Ausschöpfung massierte und am Klavier Manon-Liu Winter, der die Botschaft aller drei Stimmen zusammenhielt, mit Franz Hautzinger, der uns bewiesen hat, dass die menschliche Stimme das beste musische Instrument ist. Universal und atemporal zur gleichen Zeit. Kleine Stücke, sonore Sketche, durchdrungen von einem britannischen Humor des XX. Jh., sonore Transfiguration 2001.
BLUME / VAN HOVE / LOVENS / VANDEWEYER
Wenn man über Van Hove spricht, spricht man über eine Legende. Eine Legende der europäischen Jazzkultur, ein Referenzpunkt der europäischen Improvisationskunst. Ich glaube kaum, dass es irgendeine Eniklopädie gibt, in welchem Fred Van Hove kein Spezialkapitel gewidmet wäre. Hinzu kamen noch zwei Perkussionisten: Martin Blume und Els Vandeweyer plus Paul Lovens. Ein „perkutantes” Projekt. Zwei Schlagzeug-Sets, ein Vibraphon und ein Klavier wie eine Perkussion behandelt. Vier Perkussionsinstrumente also mit Els Vandeweyer. Es war explosiv und überraschend dynamisch. Eine Entdeckung von van Hove? Ich glaube, ja. Die neue Stellung des Klaviers inmitten der rhythmischen Sektion dieses Ensembles war das große Ziel dieser Vorstellung. Klassisch free. Ein Märchen in welchem eine Hexe mit Ponyfrisur und die Blondine mit dem Saurier des Klaviers spielten…
Der zweite Tag beginnt mit einer etwa späten Matinee um 15:30 bei Kleylehof im Lagerhaus. Erstens eine Projektion von Alexander Schellow / noid: “R.A.W”, ein Dokumentarfilm über eine Halle und ihre Geschichte in Berlin. Der Film hat mich nicht besonders gereizt, ich habe mich gelangweilt, es fehlte mir die gewisse „Resonanz”, die Bilder und der Ton schienen mir anstrengend und monoton zu sein.
Dann folgte das Projekt von KAI FAGASCHINSKI, Magic I.D. Seine beiden bisherigen Aufnahmen kannte ich vorher, die waren einwandfrei. Doch ihre Vorstellung kam mir als schwach und kraftlos vor. Ich hätte mehr Improvisation im Rahmen dieses Projekts erwartet und keine bloße Aufführung der letzten CD. Die Stimmen von Margareth Kammerer und Christof Kurzmann haben mich bezaubert. Die einzige visuelle Dissonanz und Extra-Glückwünsche für Kai! Chuck Schuldiner would be proud of it:)
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HONSINGER / BORGHINI / DÖRNER / DELIUS
“The madmen” Tristan Honsinger, ein Veteran der Bühne, der Violoncello und der Schauspielkunst nebst ihm der Laser Axel Dorner, die Grimasse von Tobias Delius und der „Hase” Borghini. Kiddin’, of course! Axel Dorner war präzise und exakt im Ton, aufmerksam und gelehrt, Borghini spielte unglaublich am Kontrabass, Tobias Delius brachte eine unglaublich gute Falsett-Stime am Saxophon hervor, alle dienten dabei dem Schauspiel von Honsinger. Es war für mich die Aufführung des Abends. Eine Burlesque-Vorstellung, in welcher die alltägliche gesellschaftliche Névrose dargestellt wurde.
SOPHIE AGNEL
Die Dame des „präparierten” Klaviers. Seit langer Zeit habe ich kein „präpariertes” Klavier dermaßen erklingen hören. Mit einem ersten kolossalen Teil ertönte ein industrieller Ton des amplifizierten Klaviers in sonorer Disharmonie. Während des Spiels hat sie sich keinen Augenblick lang gesetzt. Und die Pizzicato ließ die Industrieklänge aus dem Flügel zwischen den Saiten und Drahten meisterhaft hervordringen. Wenn man ihre CDs hört, ist als ob es ein ganzes Orchester spielen würde. Eine Dame, ein Instrument, einige Töne und subjektives Material. Ihr Spiel entweder bezaubert und greift einen mit oder verirrt einen definitiv. Sophie Agnels Paradigma. Entweder bist anwesend oder abwesend!
TRIO BOUGE
Sie habe ich voriges Jahr im November beim Wels Unlimited live erlebt. Johannes Bauer, Isabell Duthoit und Luc Ex. Ein Projekt, dessen Mitglieder immer besser werden. Es war noch dazu auch der Geburtstag von Johannes Bauer. Isabelle, as usual einwandfrei. Luc Ex hat sich endlich bewegt und die Bassgitarre hat den beiden Solisten einen festen Hintergrund gesichert.
DRUMM / DÖRNER / VAINIO / CAPECE
Es war vielleicht das experimentellste Projekt des Festivals, das aus vier unterschiedlich musikalischen Feldern stammende Zauberer vereinigte. Ich mag, was Kevin Drumm in seinen Solo-Projekten macht und ich mag Vainio in PanSonic auch. Sie haben die Töne mächtig aufgebaut bis es zu einem apoteotischen Einsturz kam. Demolished thoughts! Gegen 5 Uhr morgens war ich auch demolished.
Samstag, der dritte Tag:
Matinee am Kleylehof
Ein Videoprojekt von Klaus Filip, “36 days of earthqauke in japan” umfasst das Soundtrack der 36 Tage des Erdbebens. Die Daten von 4 seismischen Zentren wurden gesammelt in einem Stereo-Image gesammelt. Jeder Tag wurde dabei in 20 Sekunden komprimiert. Der aleatorische Rhythmus der Erde, ihre Resonanzen, Offs und Rhees.
Tobias Delius hat diesmal Solo gespielt. Es war eine stark amerikanisch geprägte Vortragsweise eines Holländischen Künstlers. Seine Bühnenpräsenz war beeindruckend, die im Kontrast zu dem stand, was man von ihm hörte. Der holländische Traktorist aus Kentucky:)
FREENOLOGY – vier Generationen auf der Bühne
Sonny Simmons, 78 Jahre alt, Guy Bettini, Paul Lovens, Clayton Thomas, das Eröffnungsprojekt eines Abends, das 5 Konzerte innerhalb von 7 Stunden erfasste. Overhelming. Im Laufe der Jahre hat Simmons mit Charles Mingus, Elvin Jones, Eric Dolphy auf derselben Bühne gespielt.“ I was mostly influenced by nature rather than musicians, except for Charlie Parker, because he sounded just like a bird.” sagte Sonny in einem Interview. Tonic, der Bluessänger aus Louisiana nahm sein Alto in die Hand, er spielte und begleitete anschließend die moderne Fortsetzung der anderen Magier. Das Free Drumming von Lovens, die Geräusche von CLayton Thomas und die hoffnungsvollen Verspätungen der Trompete von Guy Bettini. Wenn man Simmons beobachtet, versteht man, warum der Jazz nicht in Europa entstanden ist. Er kennt sich aus, er sagt, was er zu sagen hat, und falls es zu einem Zusammenspiel kommt, ist es noch besser! Sonnys gute Laune war ansteckend. Noch eine Runde Schnaps!
DRAKE / CRISPELL
Eines der Highlights dieser Edition. Es war kein Jazz, keine Gegenwartsmusik, es zählt überhaupt nicht, was es eigentlich war. Marilynn mit einer akademischen Ausbildung, der an den Projekten von Anthony Braxton teilgenommen hatte, der afrikanische Hamid, dessen Präzision mich jedes Mal erstaunt. Es war ein perfektes Zusammenspiel zwischen Klavier und Schlagzeug. Hamid schwitzte aus allen Poren musikalische Sensualität aus. Es ist der universale Rhythmus… Harmonie wird bezweckt, sie treffen und nehmen Abschied von einander, um sich dann im ganzheitlichen Wiedersehen zu treffen. Ihr Spiel durchdrang mich einfach.
BOOM BOX
Kohärenz, ohne Pausen, wie die Blechtrommel von Günter Grass. Weitere Protagonisten: die einfach free Intros von Borgmann und Coltrane, der einwandfreie Kontrabass von Akira Ando, und der perfekte Rhythmus von Willi Kellers. Sie spielten sehr gelehrt, eine kompakte Ganzheitlichkeit, nicht zufällig inspirierte sich der Titel aus Boom Box. Interessanterweise erinnerte es mich an Peter Brotzmann und dessen Energie. Die ganze germanisch-japanische Palette verbarg in sich eine unglaubliche Vitalität. Kamikaze-Luftwaffe!
Hai si de partea aliatilor, continuind in acelasi mod stupid:)
EVAN PARKER TRANSATLANTIC QUINTET
Zuuuu viel, Hans, viel zu viel!:) Wir brauchen eine Reprise. Eine große Überraschung für mich war der junge NATHANIEL FACEY am Alto Sax. Es klang mir unwillkürlich als das Spiel von Charlie Parker. Whooaaa! Ein Virtuose. Das pädagogische Gefühl von Evan Parker auf der Bühne des improvisierten Tons soll unbedingt erwähnt werden! Nebst ihm Peter Brotzmann, Hamid war meisterhaft, Juini Booth einer der Edelperlen der New Yorker Kontrabasser, Christoph Tewes an der Posaune, es war hervorragend und Evan war einfach EVAN!
02:30 Uhr
Die letzte Vorstellung der Nacht, die österreichische Combo BROKEN.HEART.COLLECTOR.Party, Toben bis zum Umfallen, meine Batterien waren im wahren Sinne des aus und konnte nichts mehr filmen.Unterhaltung mit Juini Booth bis um 6 Uhr morgens. Lass uns ein wenig ausruhen denn am Sonntag gehen wir in die Kirche. Amen!
Sonntagsmatinee in der Kirche nach einigen Kaffees mit Tony vom Instant Jazz und Marek Winiarwski vom Not Two Records.
Als Erstes, ein britannisches Duo, Tony Marsh-Drums, Alexander Hawkins-Church Organ. Ich bin in einen 110% free Film eingetreten. Die Improvisierungen an der Kirchenorgel haben sich auf einmal erwärmt. Ein schönes und originelles Gemisch. Ich verspreche, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, wenn ihr noch so etwas macht. Ernsthaft, meisterhaft space is the UK-place this time:)
Solo Klarinete Xavier Charles, die zweite Matinee des letzten Tages. Es war eine Hymne mit kaum hörbarem Beichten, als ob ich Papinis „Ein fertiger Mensch“ gelesen hätte. Eine hervorragende Technik von Xavier Charles, das kontinuierliche Atmen und das spirituelle Erbe, worüber er verfügt.
Abend an der JazzGalerie
Das erste Trio: Marco Eneidi, Juini Booth und Hamid Drake. Die rhythmische Sektion hat Marco einfach mitgenommen, ich habe keinen Zusammenhang zwischen Schlagzeug und Kontrabass gespürt. Es war kraftlos und schüchtern…Nur schwierig hat er sich endlich entfaltet, Hamid und Juini haben ihn dabei unheimlich viel unterstützt und zum Schluss hat er es geschaffen. Es war ein Konzert, das sich erst bei seinem Ablauf entdecken ließ.
Das erste Trio: Marco Eneidi, Juini Booth und Hamid Drake. Die rhythmische Sektion hat Marco einfach mitgenommen, ich habe keinen Zusammenhang zwischen Schlagzeug und Kontrabass gespürt. Es war kraftlos und schüchtern…Nur schwierig hat er sich endlich entfaltet, Hamid und Juini haben ihn dabei unheimlich viel unterstützt und zum Schluss hat er es geschaffen. Es war ein Konzert, das sich erst bei seinem Ablauf entdecken ließ.
Bis jetzt habe ich einige Stunden lang geschrieben, ich legte mir einen Tag Pause ein, während dessen ich mir jene Aufnahme angeguckt habe, worüber ich nur schwer schreiben kann. Joelle Leandre. Es ist ein Jubiläumsjahr des europäischen Jazz, Peter Brotzmann hat sein 70. Lebensjahr vollendet, Joelle wird am 12. September 60. Ein vorletztes Konzert im Rahmen dieser Edition von Konfrontationen, das einen in andere Universen gelangen lässt. Es seid nur ihr: du, der Ton und die Geschichte. Der Rest ist unbeschreibbar. Die dreifache Struktur: ein Solo von etwa 35 Minuten, ein Duo mit Marilynn Crispell und der letzte Teil zusammen mit Isabelle Duthoit und Els Vandeweyer, war für mich die Vorstellung dieser Edition. Schaut euch diese Aufnahme an und ergänzt was es noch zu ergänzen ist, Ich bin dafür unfähig.
Scrambbled Eggs mit Xavier Charles haben diese Edition geschlossen. Dies haben sie mit Tanz mis um 2 Uhr Morgens gemacht.Tonic, gute Laune und Befreiung.
Das war es – Konfrontationen 2011, Nickelsdorf, die 32. Edition